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Berlin, die Jahre der Wende: Straßenszene in Ost-Berlin [3/24]

INFORMATIONEN ZUM OBJEKT

Details

1988
Ost-Berlin
Urheber: Laurent Tchedry

Lizenztyp: Creative Commons License

Abgebildet

Baufälligkeit, Kirche (Bauwerk), Trabant (Pkw), Wohnhaus

Orte

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„Ich war aus Genf nach Berlin gekommen, um dort zu leben: die Mauer, das Kino, die DDR, die Revolution und der Kommunismus, das ganze Flair der geteilten Stadt beeindruckten mich. Berlin war noch sehr geprägt durch die Anwesenheit des Militärs, das tatsächlich im täglichen Stadtbild kaum zu übersehen war. Dies wird auch auf vielen Fotos sichtbar. Als ich die Negative auswählte, fiel mir auf, dass ich viele Bilder in einem leicht fieberhaften Zustand – aus Überraschung, aus Erstaunen und auch aus Freude – aufgenommen habe. Auch wenn es gewiss ein etwas naives Konzept ist, das Portrait einer Stadt zeigen zu wollen, die sich nach 28 Jahren der Trennung gerade anschickt, sich wiederzuvereinigen, so spiegelt es meiner Meinung nach doch ganz den Geist der Wende wider, nämlich die Improvisation, den Willen zu schneller Veränderung bis hin zu den Straßennamen und überhaupt zur Abschaffung der gesamten DDR.

Um die Perspektive zu vergrößern, habe ich einen Weitwinkel für das Format 6 x 6 verwendet. An den Bildausschnitten der Abzüge ist anschließend kaum etwas verändert worden, um so eine größtmögliche Objektivität zu bewahren. Es handelt sich um gesellschaftspolitische Fotografie. Ich habe diese Fotos allerdings zunächst nur aus Freude am Fotografieren gemacht, froh über die Gelegenheit, die sich mir bot.

Eine der Hauptschwierigkeiten lag für mich darin mit dem Fall der Berliner Mauer über ein Ereignis zu berichten, dass wegen seiner historischen Dimension und wegen seines symbolischen Wertes nicht nur für sich selbst steht, sondern mit dem Zusammenbruch des gesamten Ostblocks gleichgesetzt wird. In der Rückschau wird deutlich, dass die Fotoserie zum Teil gewiss unvollständig ist und nur eine beschränkte Sicht auf die damaligen Ereignisse bietet, die uns noch heute beschäftigen. Dennoch glaube ich, dass die Betrachter, und das gilt genauso für diejenigen, die diese Stadt gar nicht kennen, den Lärm und ebenso die Stille, die Geräusche, die Freudenschreie, ja selbst die Gerüche, wie beispielsweise die Auspuffgase des Trabbis in der U-Bahn-Station Friedrichstraße, und auch die Ängste und Hoffnungen in fast körperlicher Weise wahrnehmen können.

Wenn wir den Fall der Mauer heute als Glücksfall der Geschichte bezeichnen, so empfinde ich es jedenfalls auch für mich ganz persönlich als einen Glücksfall, die damaligen Ereignisse unmittelbar miterlebt haben zu können.“

Laurent Tchedry

Das Goethe Institut Thessaloniki stellte die Fotoserie von Laurent Tchedry 1999 unter dem Titel „Berlin, die Jahre der Wende“ anlässlich des 10jährigen Falls der Berliner Mauer aus. Der Text entstand für die Ausstellung und wurde für www.wir-waren-so-frei.de minimal überarbeitet.

Original-Bildunterschrift

"Berlin 1988"