"Sicher wünschte ich mir als Leiter des Colorlabors der Filmfabrik ORWO Wolfen ein Ende der täglichen Sorgen um Ersatzteile und Material – also die Wende. Das Problem waren die im Labor installierte Technik aus der Schweiz und der BRD, das veraltete Colorpapier aus der damaligen ČSSR und die unmodernen Prozesse, die nicht zusammenpassten und zu Störungen und Havarien führten. Die Kunden kritisierten mit Recht die Qualität und Lieferzeiten. Die Anforderungen waren vielfältig und gingen von der Massenbildproduktion bis zum Großbild für Ausstellungen und Werbung. In meiner fast 12-jährigen Leitungstätigkeit waren die Erfahrungen der rund 150 Mitarbeiter (in der Mehrzahl Frauen) gewachsen und man meisterte die oft entmutigende Arbeit. Für bestmögliche Qualität konnte man nicht einfach den Plan mit aller Gewalt durchsetzen, sondern musste auch die Mitarbeiter motivieren, denn an der Mangelwirtschaft trugen sie ja keine Schuld. Motivieren konnte man am besten, indem man trotz aller Schwierigkeiten eine Qualität erreichte, die von Kunden und Fachleuten wertgeschätzt wurde.
Mit Mauerfall und Wende waren dann Labor und Fachkräfte von Wolfen wegen der Überkapazitäten der Westlabors nicht mehr gefragt. Wenige konnten im Beruf weiterarbeiten, das Entlassen werden von heute auf morgen war eine Erfahrung, die verkraftet werden musste. Wer überhaupt irgendwo eine Arbeit fand, hatte Glück. Das bedeutete einen herben Einschnitt im Leben und Beruf. Es war auch schwer zuzusehen, wie die einstigen Fabrikhallen abgerissen wurden, und mit ihnen der Arbeitsplatz verschwand.
Ich selbst fand den Weg in den Ruhestand mit 55 nicht gangbar und hatte Glück, als Vertreter für PHOTO PORST wieder mit Filmen, Bildern und Kameras zu arbeiten. Statt Mangel zu verwalten, sollten jetzt maximale Warenmengen zu höchsten Preisen vermittelt werden, sonst gab es keine Provision."
Horst Eilhardt