"Treffurt lag bis 1989 im Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze zu Hessen. Auch die Werra, in deren Tal die Stadt liegt, war gesichert. Nach dem 9. November wurde ein Graben nahe der Grenze aufgefüllt und auf diese Weise ein Grenzübergang errichtet, der ab 18. November 1989 zunächst nur von Fußgängern, später auch von Autos genutzt werden konnte. Anlässlich der Grenzöffnung, die um 8.00 morgens erfolgte, strömten die Bewohner der grenznahen Orte herbei. Egon Bahr, dessen Geburtshaus in Treffurt liegt, war unter den prominenten Gästen, die den Grenzübergang eröffneten. Er wurde mit Jubel begrüßt und war der einzige, der spaßeshalber seinen Pass vorzeigen musste.
Meine Frau und ich wurden in dem Trubel ganz überraschend von einer freundlichen Treffurterin angesprochen und eingeladen, mit zu ihr nach Hause zu kommen. Dort trafen wir auch ihren Mann, den Feuerwehrchef Horst Meister, und die gemeinsame Tochter. Bei Kaffee und Kuchen tauschten wir uns über das Leben diesseits und jenseits der Grenze aus. Es entwickelte sich eine Freundschaft, die bis heute Bestand hat. Und als Berufsfotograf und Besitzer des einzigen Fotogeschäftes in Wanfried freute es mich bei unseren Begegnungen besonders, dass die Tochter des Ehepaares die Fotografie als Hobby hat."
Hans-Joachim Tuttaß (Wanfried, geboren 1932)