"Zur Grenzöffnung hatte ich mir etwas Besonderes einfallen lassen: Ein erstes neues Ortsschild. Ein Mitglied unserer SPD-Gruppe in Hohen Neuendorf hatte das normgerechte Blech zuschneiden lassen, ein Malermeister aus Hennigsdorf nahm die Beschriftung vor, Handwerker der kommunalen Gebäudewirtschaft fertigten die Haltepfähle. So komplettiert, zog ich nach wohlwollender Absprache mit einem Offizier der DDR-Grenztruppen schon am Vorabend der Maueröffnung auf Frohnauer Gebiet, um das neue Ortsschild zu setzen und dann mit einer Decke zu verhüllen. Am nächsten Morgen nahm ich nach Eintreffen des Bezirksbürgermeisters Detlef Dzembritzki aus Reinickendorf und des Französischen Stadtkommandanten die Enthüllung vor. 'Frohnau Land Berlin' war auf östlicher Seite zu lesen, 'Hohen Neuendorf Land Brandenburg' auf westlicher.
Dieses erste Ortsschild wurde von einem seinerzeit noch mit Befehlsgewalt ausgestatteten höheren Offizier der Grenztruppe von Hennigsdorf wenige Wochen später entfernt und entsorgt. Es ist schade um dieses Zeitdokument der Gemeinde, das in der jetzigen Geschichtswerkstatt von Hohen Neuendorf seinen Platz hätte finden können. Für mich war es die Geburtsurkunde des Landes Brandenburg, das es offiziell erst seit 1990 wieder gibt, mir aber aus meiner Schulzeit 1933 bis 1939 an der Volksschule Hohen Neuendorf bekannt war. Auf jeden Fall war es das meistfotografierte Schild, vor dem sich glückliche Menschen zur Erinnerung an das Ereignis der Maueröffnung ablichten ließen. Zeitweise waren es zehn Fotografen und diverse Filmer gleichzeitig. Und auch mich filmte ein Frohnauer tags zuvor bei der Aufstellung des neuen Ortsschildes."
Text: Günter Siebert (Hohen Neuendorf), Videofilm: Dirk Liborius