"Tagebuch, 13. November 1989.
Es scheint heute tatsächlich ein 'historischer Tag' zu sein: die Mauer ist weg. In den Straßen wimmelt es nur so von DDR-Bürgern, die sich nach 28-jähriger Wartezeit endlich mal persönlich ihren Jacobs-Kaffee und ihre Ritter-Sport-Schokolade kaufen können. Die Banken sind vollgestopft mit ihnen, die in langen Schlangen an den Kassen stehen um sich ihre 100 DM Begrüßungs(!)-Geld zu holen, das Warten sind sie ja gewohnt. Alle sind bewegt, alles schreit nach Wiedervereinigung. Die Mauer ist ad absurdum geführt worden. Doch ist es tatsächlich ein so historischer Augenblick, wenn sich herausstellt, dass 'die von drüben' genauso konsumgeil sind wie wir? Heim, Herd und Freunde verlassen sie, nehmen in Kauf in Turnhallen zu hausen, nur um hier den Glanz des KaDeWe und die 'Pressefreiheit' auf sich einrieseln zu lassen. Warum gehen wir jetzt nicht in den Osten?"
Claudia Zundel